Position Feminismus

1. Gesellschaftsanalyse

Kapitalistische Produktions- und soziale Reproduktionsbeziehungen

Die kapitalistischen Produktionsbeziehungen sind stark von der sozialen Reproduktionsarbeit abhängig. In den kapitalistischen Produktionsbeziehungen müssen Menschen ihre Arbeitskraft verkaufen, um in der kapitalistischen Gesellschaft leben zu können. Unter sozialer Reproduktion verstehen wir alle Aufgaben, die für die biologische, psychologische und soziale Wiederherstellung des Menschen notwendig sind. Dazu gehören beispielsweise Haushaltsarbeiten, die Bereitstellung von Mahlzeiten, die Betreuung von Kindern, älteren oder kranken Menschen, etc.

Ein grosser Teil der sozialen Reproduktionsarbeit wird von Frauen* kostenlos übernommen.[1] Nur für einen kleinen Teil der sozialen Reproduktionsarbeit wie die Betreuung von Kindern in Kindertagesstätten, die Bildung und Ausbildung von Kindern im Schulsystem oder die Betreuung von pflegebedürftigen oder älteren Menschen zu Hause oder in Einrichtungen wird ein Lohn bezahlt.

Soziale Reproduktionsarbeit, welche die Arbeit Tag für Tag und von Generation zu Generation reproduziert, ist für jede Produktion von Reichtum in der kapitalistischen Gesellschaft von grundsätzlicher Bedeutung, ebenso wie der freie Zugang zu natürlichen Ressourcen. Die Arbeit der sozialen Reproduktion wird in der kapitalistischen Gesellschaft als weiblicher Aufgabenbereich naturalisiert und abgewertet. Dadurch wird legitimiert, dass Frauen* diese gesellschaftlich notwendige Arbeit kostenlos oder gegen ein geringes Gehalt leisten. Geschlechterunterdrückung wird oft mit Klassen- und ethnischer Unterdrückung kombiniert, zum Beispiel wenn Pflegeaufgaben an Migrant*innen delegiert werden.

Intersektionalität

Das Konzept der Intersektionalität wurde von der feministischen Bewegung der People of Color in den USA (Black Feminism) entwickelt, um zu beschreiben, wie die verschiedenen Formen der Unterdrückung (Rassismus, Sexismus, Klassenunterdrückung, Unterdrückung von LGBTQI+ sowie jede weitere Form der Unterdrückung) interagieren und zu einer einzigen Erfahrung verschmelzen. Damit wurde eine soziale Identität von Women* of Color als Reaktion auf die vornehmlich „weiss“ geprägte feministische Bewegung der 1960er/1970er aufgebaut. Black Feminism hat den Klassenunterschieden zwischen Frau*en grosse Aufmerksamkeit geschenkt, denn die überwiegende Mehrheit der People of Color in den USA war schon immer Teil der Arbeiter*innenklasse und lebte aufgrund der (wirtschaftlichen) Folgen der Sklaverei, des Rassismus und der Klassenunterdrückung in Armut und in prekären Arbeitsverhältnissen.[2]

Dieses Konzept der Intersektionalität wurde von postmodernen Strömungen aufgegriffen, ohne jedoch zu berücksichtigen, dass die verschiedenen Formen der Unterdrückung ihre Wurzeln in der Klassengesellschaft haben. Stattdessen haben postmoderne feministische Strömungen den Fokus auf die individuelle Diskriminierung im Zusammenhang mit der sexuellen Orientierung und der Geschlechtsidentität gelegt und diese Themen in die breite Öffentlichkeit gebracht. Dieser Fokus hat unter anderem dazu beigetragen, weitere Unterdrückungsverhältnisse sichtbar zu machen, wie zum Beispiel Homophobie oder die Norm der Heterosexualität und -normativität. Aus unserer Sicht reicht es jedoch nicht aus, individuelle Unterdrückungsverhältnisse wahrzunehmen und individuelle Verbesserungen durch individuellen Widerstand zu erzielen. Die unterschiedlichen Unterdrückungsverhältnisse entstehen im und durch den Kapitalismus und deshalb braucht es systemverändernde, antikapitalistische Perspektiven und kollektiven Widerstand.

Soziale Geschlechterverhältnisse

Um die Bedeutung des Begriffs der Intersektionalität im Sinne des Black Feminism zu verdeutlichen, ist es ratsam, sich auf die Arbeit französischer, materialistischer Feministinnen* zu beziehen. Sie haben den Begriff der Geschlechterverhältnisse entwickelt, welche Männer* und Frauen* rund um bedeutende Themen vereinen und einander gagenüberstellen.

Gemäss ihnen sind die sozialen Geschlechterverhältnisse untrennbar mit den sozialen Klassenverhältnissen verbunden und stellen Frauen* und Männer* bei zwei zentralen Themen einander gegenüber. 

  • Die Kontrolle der Fortpflanzung und damit der Sexualität und des Körpers der Frauen* 
  • Die geschlechtsspezifische Arbeitsteilung zwischen Männern* und Frauen*, welche nach zwei Prinzipien gegliedert ist: 
  • dem Prinzip der Trennung, gemäss dem es Frauen* und Männer*arbeiten gibt. 
  • dem Prinzip der Hierarchisierung, gemäss dem Männer*arbeit mehr „wert“ ist als Frauenarbeit.[3]

Die Theorie um die Geschlechterverhältnisse lokalisiert den Ursprung der Unterdrückung, Diskriminierung und Ausbeutung von Frauen* in der geschlechtsspezifischen Arbeitsteilung und der Kontrolle der Reproduktionsfähigkeiten der Frauen*. Dabei bezieht sich die geschlechterspezifische Arbeitsteilung auf alle in der Gesellschaft existierenden Arbeiten, ob bezahlt oder unbezahlt.

2. Feministische Standpunkte der BFS/MPS

Überwindung des kapitalistischen Wirtschafts- und patriarchalen Gesellschaftssystems als Ganzes

Bestehende Diskriminierungs- und Unterdrückungsformen werden durch die bestehenden Geschlechterverhältnisse verankert. Dabei profitiert die herrschende Klasse gleich doppelt von der Ausbeutung der Frauen*: von der billigen Arbeitskraft „Frau*“ und von der mehrheitlich durch Frauen* gratis geleisteten Reproduktionsarbeit. Ohne die doppelte Ausbeutung der Frauen* in Erwerbs- und Hausarbeit könnten im Kapitalismus nicht so hohe Profitraten generiert werden.

In der kapitalistischen Produktionsweise ist die Fähigkeit, die nächste Generation der Arbeiter*innenklasse „kostenlos“ reproduzieren zu können, ein Ausbeutungsmechanismus, der zentral für die Profitmaximierung der Klasse der Kapitalist*innen ist. Jedoch wird dies so nie thematisiert, da die Frage der Kinder immer auf die „Privatsphäre“ bezogen wird. Indem die Problematik der Reproduktionsarbeit auf die private Familie abgeschoben wird, wird sie gleichzeitig individualisiert und nicht mehr als strukturelles Ausbeutungsverhältnis wahrgenommen.

Die geschlechterspezifische Arbeitsteilung durchzieht alle Bereiche der Gesellschaft: sowohl das „private Heim” als auch das „öffentliche“ Erwerbsleben. Frau*en stellen die Mehrheit der Arbeitskräfte in Bereichen wie Kinderbetreuung, Bildung, Pflege, Reinigung etc. dar. Die zunehmende Teilhabe von Frauen* am Arbeitsmarkt wird genutzt, um die Arbeitsbedingungen aller Menschen prekärer und flexibler zu gestalten, da tiefere Löhne für Frauen* als Lohndruck-Argument eingesetzt werden. Die weibliche „Reservearmee“ wird so instrumentalisiert, um die Lohnabhängigen zu spalten. Die Schweiz weist zwar wie Deutschland, die Niederlande oder Österreich eine der höchsten Erwerbsquoten von Frauen* in Europa auf. Zugleich gehört aber auch der Grad weiblicher Teilzeitarbeit mit zu den höchsten.[4] Weibliche Teilzeitarbeit ist oftmals eine Form von prekarisierter Arbeit und nicht selbstgewählt. Folgen sind beispielsweise mehrere Anstellungen gleichzeitig oder tiefere Leistungen aus einkommensabhängige Sozialversicherungen.

So sind Frauen* denn auch in zweierlei Hinsicht von der neoliberalen Sparpolitik im Kapitalismus betroffen: Einerseits, weil sie in vielen von Budgetkürzungen betroffenen Berufsgruppen (Gesundheit, Schulen, Pflege, Sozialdienste usw.) die Hauptarbeitskräfte darstellen und daher direkt unter den Folgen des Lohndrucks und den prekarisierten Arbeitsbedingungen leiden. Andererseits, weil es Frauen* sind, die die bisher von öffentlichen Einrichtungen erbrachten sozialen Reproduktionsarbeiten (Schulkantinen, Krankenpflege, Kinderbetreuung usw.) auffangen. Wenn Patient*innen im Spital früher entlassen werden, damit so schnell wie möglich das Geld für eine neue Patient*in abkassiert werden kann, dann sind es vor allem Frauen*, die die Sorgearbeit um die hilfsbedürftige Personen zu Hause übernehmen. Wenn die Oma sich den Platz im Altersheim nicht leisten kann, bleibt eher die Frau* zu Hause oder arbeitet Teilzeit, um sich um sie zu kümmern.

Für unser feministisches Verständnis ist es daher zentral, die ökonomischen, politischen, sozialen und auch (aber eben nicht nur) kulturellen Verhältnisse zu kritisieren und eine gesellschaftliche Veränderung kollektiv durch einen Bruch mit den kapitalistischen Gesellschafts- und Geschlechterverhältnissen[5]herbeizuführen. Daher muss der Widerstand auf eine Überwindung des kapitalistischen Wirtschafts- und Gesellschaftssystems als Ganzes – im Sinne einer sozialistischen Alternative – ausgerichtet sein. Dies schliesst die Umgestaltung der wirtschaftlichen Produktion nach den gesellschaftlichen Bedürfnissen mit ein.

Gegen Gewalt an Frauen*

Geschlechtsspezifische Gewalt, in körperlicher, sexueller oder psychischer Form, inklusive Vergewaltigung und Frauen*mord, ist in der gesamten Gesellschaft präsent. Diese Gewalt und ihre „soziale Akzeptanz“ nehmen in Zeiten der wirtschaftlichen und sozialen Krise zu. Wir verurteilen diese Gewalt und betonen die Zusammenhänge zwischen geschlechtsspezifischer Gewalt und wirtschaftlicher, institutioneller und struktureller Gewalt. Wirtschaftliche Diskriminierung, die alle Frauen* betrifft, sowie zunehmend menschenverachtende Gesetze gegen Migrant*innen, untergraben die tatsächliche Fähigkeit von Frau*en, sich zu widersetzen, „nein“ zu sagen und sich gegen die verschiedenen Formen geschlechtsspezifischer Gewalt zu wehren – sei es am Arbeitsplatz, in der Familie oder im öffentlichen Raum.

Für kollektiven Widerstand

Da wir die Ursachen für die Unterdrückung der Frauen* im Zusammenwirken der sozialen Geschlechterverhältnisse verorten, sind wir der Meinung, dass alle Geschlechter (wenn auch nicht gleichermassen) von patriarchalen Herrschaftsverhältnissen betroffen sind und daher der Kampf um Emanzipation alle etwas angeht. Zudem sind wir der Ansicht, dass der Kapitalismus und das Patriarchat nur im gemeinsamen Kampf überwunden werden können.

Unser Feminismus ist internationalistisch

Wir vertreten einen internationalistischen FeminismusSolidarität zwischen Frauen* darf sich nicht von Grenzen der Ethnie, Religions- oder Staatsangehörigkeit beschränken lassen, sondern muss global und solidarisch mit allen arbeitenden Frauen* sein. Deshalb solidarisieren wir uns mit den Kämpfen, die weltweit gegen die Ausbeutung und Unterdrückung der Frauen* geführt werden. Nur so kann gewährleistet sein, dass die Selbstverwirklichung einiger Frauen* nicht die Ausbeutung und Prekarisierung vieler anderer Frauen* bedeutet wie das im liberalen und neoliberalen Feminismus der Fall ist.

Das vom liberalen und neoliberalen Feminismus propagierte Empowerment-Modell zielt eben nur auf die Befreiung der qualifizierten weiblichen Arbeitskräfte ab, wobei häufig eine Diskriminierung aufgrund der Herkunft stattfindet. Diejenigen, denen es gelingt, die „gläserne Decke“ zu durchbrechen, stellen andere Frauen* (oft Migrantinnen*) ein, welche die soziale Reproduktionsarbeit für sie übernehmen. Wir sprechen uns explizit gegen einen solchen feministischen Standpunkt aus, da der Selbstverwirklichung einiger nicht die Ausbeutung anderer zu Grunde liegen darf.

Unser Feminismus ist selbstbestimmt

Wir lehnen jegliche religiös-reaktionären Rollenzuschreibungen an Frauen* ab. Diese stehen im Widerspruch zum Selbstbestimmungsrecht der Frauen* über ihren Körper und über ihre Reproduktionsrechte. Frauen* entscheiden selbst darüber, wie sie leben wollen, wie sie aussehen wollen, wie sie sich verhalten möchten. Dazu gehört, selber über den eigenen Körper bestimmen zu können.

Unser Feminismus ist intersektional 

Wenn wir von Frauen* sprechen, meinen wir jedoch nicht nur weisse Frauen* aus der Mittelschicht Europas. Wir sprechen uns klar gegen ein eurozentristisches Bild der Frau* aus. Viel eher meinen wir das politische Subjekt Frau* im intersektionalen Sinne, das nicht nur geschlechterspezifische Unterdrückungsverhältnisse einschliesst, sondern auch diejenigen aufgrund rassistischer Zuschreibungen und der Klassenzugehörigkeit.

3. Die Forderungen der BFS 

Ausgehend von den dargelegten Standpunkten der BFS zum Feminismus haben wir nachfolgende Forderungen entwickelt. Die Forderungen sind den beiden Geschlechterverhältnisse zugeordnet: der Kontrolle über den weiblichen Körper sowie die geschlechterspezifische Arbeitsteilung. Damit möchten wir verdeutlichen, wie wir die Geschlechterverhältnisse, die den Ursprung der Unterdrückung, Diskriminierung und Ausbeutung von Frau*en darstellen, überwinden möchten.

In Bezug auf die Machtverhältnisse der Kontrolle der Fortpflanzung, der Heteronormativität sowie der Gewalt gegenüber Frauen*, engagiert sich die BFS:

  • gegen jegliche Art von Gewalt,von der Frauen* undLGBTQI+-Menschen betroffen sind, sei es in der Familie, häuslichen Beziehungen, auf dem Arbeitsplatz oder der Strasse, in staatlichen und religiösen Institutionen, in Spitälern, vor Gericht oder innerhalb des Rechtssystemsgegen diskriminierende Gesetze gegen Migrierende, welche die realen Möglichkeiten der immigrierte Frauen* einschränken, sich gegen geschlechtsspezifische Gewalt zu wehren;
  • für eine rechtliche und wirtschaftliche Unterstützung von Frauen*, die versuchen, sich der geschlechtsspezifischen Gewalt zu entziehen;
  • dafür, dass Täter*innen geschlechterspezifischer Gewalt endlich wirksam zur Rechenschaft gezogen werden
  • gegen die Diskriminierungen und die Stigmatisierungen von Menschen aufgrund ihrer Geschlechtsidentität und ihrer sexuellen Orientierung 
  • für das Recht auf kostenlose und sichere Abtreibung;
  • für kostenlose Verhütungs- und Menstruationsmittel

In Bezug auf die geschlechterspezifische Arbeitsteilung, die die Verhältnisse der kapitalistischen Produktion und der sozialen Reproduktion prägt, engagiert sich die BFS:

  • für eine Mutterschaftsversicherung mit einer Verlängerung des Mutterschaftsurlaubs auf 12 Monate sowie die Schaffung eines Vaterschaftsurlaubs, der lang genug ist, um den Vätern zu ermöglichen, ab der Geburt eine Beziehung zu ihren Kindern aufzubauen, die Einführung von bezahltem Elternurlaub, bezahlten Urlaub im Fall von Krankheit der Kinder oder anderer naher sorgebedürftiger Angehöriger;
  • für eine radikale Kürzung der Arbeitszeit ohne Gehaltsreduktion, damit die soziale Reproduktionsarbeit gleichmässig zwischen den Geschlechtern aufgeteilt werden kann 
  • für die Abschaffung der Lohnungleichheit zwischen den Geschlechtern und einen Lohn, der eine menschenwürdige Existenz und die Befriedigung der sozialen Bedürfnisse ermöglicht
  • für eine wirkliche Anerkennung der sozialen Reproduktionsarbeit, welche im Sozialversicherungssystem, bei Scheidungen und bei der Ausarbeitung von politischen Massnahmen für Familien, das Sozialwesen und die Arbeitswelt angemessen berücksichtigt werden muss.
  • für die Vergesellschaftung der gesamten Reproduktionsarbeit: Mit Vergesellschaftung ist gemeint, dass es eine gleiche Verteilung der Reproduktionsarbeit (z.B. Sorgearbeit) zwischen den Geschlechtern gibt.
  • gegen die „Vermarktwirtschaftlichung“ von Sorgearbeit und die Ökonomisierung im Gesundheitswesen. Damit ist gemeint, dass Gesundheit wie auch Sorgearbeit keine Ware sind und auch nicht als solche im neoliberalen Kapitalismus vermarktet werden dürfen. Für die BFS ist die Auslagerung der Aufgaben der sozialen Reproduktion in gewinnorientierte Unternehmen inakzeptabel, weil Gewinn nur durch die Ausbeutung von Menschen, im Allgemeinen Frau*en und immigrierte Frau*en, erreicht werden kann, die gezwungen sind, dort zu arbeiten. Die Aufgaben der sozialen Reproduktion sollten aus dem Markt ausgegliedert sein; sie sollten im Rahmen von öffentlichen Dienstleistungen oder durch Vereinsstrukturen geleistet werden. 
  • Für die Aufwertung der zwischenmenschlichen Beziehungen: alle Menschen sollten genügend Zeit für die Pflege der zwischenmenschlichen Beziehungen in ihrem Umfeld haben und die öffentliche Dienstleistungen sollten auf die Bedürfnisse der Begünstigten abgestimmt sein und gute Arbeitsbedingungen ermöglichen. Damit ist gemeint, dass das Personal (z.B. in Kitas, Spitälern, Schulen) ausgebildet und zahlreich genug sein sollte, um die ethischen und moralischen Normen in der Arbeit einzuhalten, wie z. B. die Zeit zu haben, mit den Begünstigten zu sprechen oder die Anforderungen der Familien zu berücksichtigen;
  • für die Kontrolle der öffentlichen Dienstleistungen durch die Nutzerinnen/Nutzer in Zusammenarbeit mit dem Personal, um angemessene Leistungen zu garantieren. 
  • Die Gestaltung des öffentlichen Raumes und der Arbeitsumgebung sollten auch auf die Bedürfnisse der Frauen* zugeschnitten sein.

Diese Forderungen müssen von kollektiven Kämpfen getragen werden, bei denen Bündnisse zwischen Feminist*nnen, Bevölkerungsgruppen und Begünstigten der öffentlichen Dienstleistungen, Gewerkschafter*innen und Beschäftigten der öffentlichen Dienste geschmiedet werden, um so die Kräfte zu vereinen, die nötig sind, um sich gegen die von der öffentlichen Hand geführte Sparpolitik zu wehren.

4. Möglichkeiten für Interventionen der BFS/MPS

Wir haben den Anspruch in jeder unserer kritischen Analysen der gesellschaftlichen Verhältnisse die spezifische Situation der Frauen* zu berücksichtigen. Ganz konkret bedeutet dies, dass es in allen Arbeitsgruppen und thematischen Auseinandersetzungen der BFS/MPS notwendig ist, die geschlechterspezifische Analyse der sozialen Verhältnisse vorzunehmen.

Feministische Praxis innerhalb unserer Organisation

Für eine feministische Praxis sowohl innerhalb unserer als auch ausserhalb Organisation erachten wir politische Schulungen für unsere Mitglieder in feministischen Grundsätzen und Positionen für notwendig. Um uns bewusst mit Sexismus und geschlechterspezifischer Diskriminierung in der Gesellschaft auseinanderzusetzen und um innerhalb unserer Organisation Sexismus und Diskriminierung zu vermeiden, streben wir eine kontinuierliche Reflexion und einen regelmässigen Austausch über diese Themen an.

Frauen*räume in unserer Organisation halten wir Frauen*räume für notwendig, damit sich Frauen* über geschlechterspezifische Erfahrungen austauschen können. Über einen solchen Austausch wirken wir der Isolierung sozialer Erfahrungen entgegen und entwickeln kollektiv durch den Erfahrungsaustausch praktische, emanzipatorische Handlungsmöglichkeiten, um Frauen*spezifischen Diskriminierungen im Alltag zu begegnen. Frauen*räume haben nicht die Aufgabe, eine kontinuierliche feministische Reflexion und Praxis innerhalb und für die gesamte Organisation aufrecht zu erhalten.

Feministische Intervention innerhalb der Gesellschaft

Ein wesentlicher Teil unserer feministischen Interventionen besteht in der kritischen Thematisierung der anhaltenden diskriminierenden, unterdrückenden und ausbeutenden Geschlechterverhältnisse, mit dem Ziel der Informierung, Sensibilisierung und Mobilisierung von möglichst vielen Menschen. Mittels politischer Diskussionsveranstaltungen, militanten Aktionen, Flyern, Zeitschriften und Artikeln auf unserer Homepage versuchen wir feministischen Standpunkte gesellschaftlich zu thematisieren. Dabei zielen wir zum einen auf die inhaltliche Auseinandersetzung mit feministischen Themen ab, wie beispielsweise die Diskussion über die konkreten Möglichkeiten einer Kollektivierung der Reproduktionsarbeit zu führen. Zum anderen möchten wir klare Positionen innerhalb der unterschiedlichen feministischen Strömungen kommunizieren, um uns deutlich gegenüber feministischen Strömungen wie beispielsweise dem unternehmerischen Feminismus, liberalen Feminismus, abzugrenzen.

Neben feministischen Interventionen wie feministischen Lesekreisen in Basel und Genf oder dem Anderen Davos zu feministischen Kämpfen weltweit (2018), sehen wir wichtige Interventionsfelder beim Mitwirken am Internationalen Frauen*kampftag am 8. März, am Internationalen Tag gegen Gewalt an Frauen* 25. November, etc.In unserer internationalen und internationalistischen feministischen Arbeit thematisieren und solidarisieren (intern und öffentlich) wir uns aktiv mit feministischen Kämpfen und Erfahrungen in anderen Ländern sowie dem Erfahrungsaustausch mit Aktivist*innen weltweit, die wir zu unterschiedlichen Diskussionsveranstaltungen regelmässig einladen.

Aufruf zum Frauen*streik am 14. Juni 2019

Die BFS/MPS sieht im geplanten Frauen*streik 2019 eine der wichtigsten Handlungsperspektiven für feministische Kämpfe in der Schweiz Die zunehmenden Mobilisierungen in der Schweiz für die Rechte der Frauen* reihen sich ein in die weltweit wachsende internationale feministische Bewegung, bei der sich Millionen von Menschen für die Emanzipation der Frauen* einsetzen. Wir haben gesehen, dass es auch in der Schweiz möglich ist, dass eine halbe Million Frauen* auf die Strasse geht und sagt: „Frauen* Basta, niente Pasta!!!“ Was 1991 machbar war, ist auch 2019 möglich und – wie wir tagtäglich sehen – auch dringend notwendig.


[1] Die Verwendung des Sternchens ist in der BFS/MPS umstritten. 

[2] Sharon Smith. Une défense marxiste de l’intersectionnalité, consulté le 1eroctobre 2018, http://www.lcr-lagauche.org/une-defense-marxiste-de-lintersectionnalité

[3] Danièle Kergoat, 2006, Se battre disent-elles, éditions La Dispute, collection Le genre du monde.

[4] Vers l’égalité entre femmes et hommes (2011). Disponible à l’adresse: https://www.bfs.admin.ch/bfs/fr/home/statistiques/catalogues-banques donnees/publications.assetdetail.349120.html

[5] Wir sprechen explizit von sozialen Verhältnissen, da wir der Ansicht sind, dass diese Verhältnisse durch soziale Kämpfe, die zu einer Verschiebung der Kräfteverhältnisse führen, veränderbar sind.